Wie viel Datentinte benötigen Sie?

Eine gute Tabelle zeich­net sich dadurch aus, dass sie ein­fach und ein­deu­tig les­bar ist. Ausschlaggebend dafür ist, dass sie einer­seits rele­van­te Informationen gut sicht­bar macht und die­se ande­rer­seits in ihrem Kontext abbil­det, z.B. im Verhältnis zu Vergleichsgruppen oder ‑zeit­punk­ten. Dabei muss eine gewis­se Balance gefun­den wer­den: ein­zel­ne Datenpunkte mögen ‘wich­ti­ger’ sein als ande­re, iso­liert betrach­tet haben die­se jedoch häu­fig kei­ne all­zu hohe Aussagekraft. Zu vie­le Informationen len­ken hin­ge­gen den Blick ab und ver­schlei­ern das Wesentliche.

1983 stell­te der Informationswissenschaftler und Grafikdesigner Edward R. Tufte in sei­nem Werk “The Visual Display of Quantitative Information” sein Konzept der Datentinte vor, das zu einem ver­brei­te­ten Grundsatz des Grafikdesigns wer­den soll­te. Mit ‘Datentinte’ meint Tufte die­je­ni­gen Teile einer gra­fi­schen Darstellung, die Informationen ent­hal­ten. Als ‘data-ink ratio’ wird das Verhältnis zwi­schen der gehaltvol­len Datentinte einer­seits und der gesam­ten — also gehaltvol­len + gehaltlosen — Datentinte ande­rer­seits beschrieben.

Das Datentinte-Verhältnis einer gra­fi­schen Darstellung setzt sich also zusam­men aus dem (ent­schei­den­den) Anteil, der Informationen ver­mit­telt, und aus einem ande­ren Anteil, der kei­ne bzw. kei­ne rele­van­ten Informationen ent­hält. Tufte plä­diert dafür, dass eine gute Abbildung quan­ti­ta­ti­ver Information bes­ten­falls aus­schließ­lich aus infor­ma­ti­ver Darstellung besteht — ohne schmuck­haf­tes, aber sinn­lo­sen Beiwerk, denn:

Above all else show the data.” (Tufte 2001: 92)

Tufte bezieht sich ins­be­son­de­re auf Grafiken, die häu­fig stark durch schmü­cken­de Elemente geprägt sind. Dasselbe gilt jedoch für Datentabellen: Tabellen mit red­un­dan­ten Informationen erschwe­ren die Lesbarkeit und somit die Arbeit des Markt- und Sozialforschers. Eine gute Tabelle ist schlicht und stellt die wesent­li­chen Informationen her­aus, ohne dass der Blick von unnö­ti­gen bzw. unwich­ti­gen Informationen oder Designelementen abge­lenkt wird. Die Gestaltung einer Tabelle ist aus­schlag­ge­bend für die ein­deu­ti­ge Abbildung der Daten. Sie dient dazu, dem Betrachter die Informationen mög­lichst mühe­los vor Augen zu füh­ren: Was zeigt die Tabelle? Anteilswerte oder abso­lu­te Zahlen? Welche Texte gehö­ren zu wel­chen Zahlen? Wie lau­tet der Fragetext? Der Informationsgehalt einer Tabelle kann ein­fa­cher erfasst wer­den, wenn des­sen Präsentation stimmt — bspw. mit­hil­fe stim­mi­ger Abstände, sau­ber umge­bro­che­ner Texte und der Unterstützung des Blickes durch Linien und Farben.

Neben einem umfang­rei­chen Angebot effek­ti­ver sta­tis­ti­scher Werkzeuge sind Ästhetik und Typografie eine aus­ge­spro­che­ne Stärke unse­rer Tabellierungssoftware GESStabs — dies ist jedoch nicht rei­ner Selbstzweck, son­dern bie­tet einen Mehrwert. Eine sinn­vol­le typo­gra­fi­sche Gestaltung kann die inhalt­li­che Aussage einer Tabelle unter­stüt­zen und ver­deut­li­chen. Markieren Sie signi­fi­kan­te Unterschiede in Ihren Daten oder unter­drü­cken Sie die Kennzeichnung zu schwa­cher Effekte, heben Sie sehr hohe Daten farb­lich her­vor und ergän­zen Sie Ihre Verteilungsdaten durch aus­sa­ge­kräf­ti­ge Maßzahlen. Erstellen Sie Übersichtstabellen und set­zen Sie eine Tabelle aus bestehen­den Tabellen fle­xi­bel zusam­men, um sinn­vol­le Vergleiche anstel­len zu können.

Unabhängig davon, ob Sie selbst tabel­lie­ren oder tabel­lie­ren las­sen: Überprüfen Sie Ihre Tabellen dar­auf­hin, ob Sie ein­deu­tig und effi­zi­ent die Informationen abbil­den, die in ihnen ste­cken. Sehen Sie eine Sammlung zahl­rei­cher Datenpunkte vor sich oder sind die wesent­li­chen Zahlen in ihren rele­van­ten Kontext ein­ge­bun­den? Wird auf den ers­ten Blick deut­lich, was gezeigt wer­den soll, oder erschwe­ren all­zu vie­le Elemente eine ein­deu­ti­ge Abbildung der Inhalte? Lenken bun­te Designelemente Ihren Blick ab oder unter­stüt­zen geziel­te Markierungen die Aussage des Datengehalts?
Wie viel Datentinte benö­ti­gen Sie?


Quelle: Edward R. Tufte (2001): The Visual Display of Quantitative Information. Second Edition. Cheshire, Connecticut: Graphic Press LLC.