Ernährung in der Kindertagesbetreuung

Eine quan­ti­ta­ti­ve und qua­li­ta­ti­ve Datenanalyse für das Nationale Qualitätszentrum für Ernährung in Kita und Schule (NQZ)

2021/22 hat das Nationale Qualitätszentrum für Ernährung in Kita und Schule (NQZ) – eine Einrichtung der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) – im Rahmen sei­ner bun­des­wei­ten Arbeit zur Qualitätsentwicklung der Ernährung in Kita und Kindertagespflege eine Online-Befragung zur „Ernährungsbildung in der Kindertagesbetreuung“ unter rele­van­ten Akteursgruppen durch­ge­führt. Das NQZ unter­stützt im Kontext des Gute-KiTa-Gesetzes die Bundesländer im Handlungsfeld „Gesundes Aufwachsen“ in inter­mi­nis­te­ri­el­ler Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).

GESS hat dafür sämt­li­che Schritte der sozi­al­wis­sen­schaft­li­chen Datenauswertung über­nom­men: die Erstellung des Auswertungskonzepts und die Datenbereinigung, die qua­li­ta­ti­ve Inhaltsanalyse sowie quan­ti­ta­ti­ve Datenanalyse, die Interpretation und Dokumentation der Ergebnisse sowie die Erstellung meh­re­rer kom­men­tier­ter Ergebnisberichte und die Präsentation der Projektergebnisse im Rahmen einer Netzwerkveranstaltung des NQZ. 

Lesen Sie in die­sem Beitrag mehr zur Methodik und den Ergebnissen des Projekts. 

Stichprobe und Hintergrund

Im Rahmen der oben beschrie­be­nen Befragung wur­den über 1.500 Personen aus fünf Akteursgruppen befragt:

Entscheider
Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung
Träger, Institutionen und Personen in bera­ten­der Funktion
Akteure aus der Praxis: Kita und Kindertagespflege

Der Online-Fragebogen behan­del­te Fragestellungen zu den fol­gen­den Themenkomplexen:

Bedeutung von Ernährungsbildung:
Wie bedeut­sam ist das Themenfeld Ernährungsbildung im Arbeitsbereich der Akteure?

Nutzen/Potenziale:
Was sind kon­kre­te Themen der Ernährungsbildung? In wel­chen Bildungsbereichen wer­den die größ­ten Potenziale für die (früh­kind­li­che) Entwicklung verortet?

Information:
Welche Maßnahmen, Aktivitäten und Unterstützungsmaterial (Formate, Medien) zur Ernährungsbildung gibt es in den Bundesländern? Ist der Bedarf für eine Orientierungshilfe (ein­heit­li­che Empfehlungen zur Ernährungsbildung) vorhanden?

Ernährung in der Kindertagespflege:
Wie orga­ni­sie­ren Kindertagespflegepersonen die Verpflegung und päd­ago­gi­sche Begleitung von Mahlzeiten?

Methodik

Im Zuge der Datenbereinigung wur­de der Datensatz auf die aus­wer­tungs­re­le­van­ten Variablen, Variablennamen und Fragetexte ver­kürzt sowie die aus­zu­wer­ten­den Fälle auf voll­stän­di­ge Datensätze (quan­ti­ta­tiv) bzw. sinn­haf­te Antworttexte (qua­li­ta­tiv) ein­ge­schränkt. Als Ergebnis der Fallreduktion wur­den letzt­end­lich gut 1.350 Fälle ausgewertet.

Die quan­ti­ta­ti­ve Auswertung erfolg­te in pri­mär tabel­len­ba­sier­ter Form unter Ausweisung der pro­zen­tua­len Anteile und Absolutwerte. Darüber hin­aus wur­den drei Subgruppen anhand der ska­len­ba­sier­ten Antworten zur Bedeutung der Ernährungsbildung gebil­det und für ein­zel­ne Betrachtungen aus­ge­wie­sen. Umgesetzt wur­de die sta­tis­ti­sche Analyse pri­mär mit der haus­ei­ge­nen Tabelliersoftware GESStabs. Zusätzlich wur­de vor­ab eine explo­ra­ti­ve Analyse mit der Statistiksoftware R durchgeführt.

Das qua­li­ta­ti­ve Auswertungsvorgehen bezog Elemente aus zwei sozi­al­wis­sen­schaft­li­chen Analysemethoden ein – Open Coding und Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring – und erfolg­te in drei grund­sätz­li­chen Schritten: Zusammenfassung, Strukturierung und Explikation. Im Zuge des­sen erfolg­te zunächst die inhalt­li­che Gruppierung aller sinn­haf­ten Antworttexte sowie deren rela­ti­ve Gewichtung und anschlie­ßend die sys­te­ma­ti­sche Erschließung, Strukturierung und Hierarchisierung des Datenmaterials anhand der Zuordnung zu Codes und Obercodes. Dabei wur­de ein deduk­ti­ves Vorgehen gewählt, d.h. die inhalt­li­che Schwerpunktsetzung sowie Entwicklung struk­tu­rie­ren­der Elemente erfolg­te aus den Daten her­aus, wobei die oben ste­hen­den Leitfragen rah­men­ge­bend waren. Visualisiert wur­den die Analyseergebnisse anhand von Code-Maps und Code-Wolken.

Ausgewählte Kernergebnisse

1. Bedeutung der Ernährungsbildung:

Die befrag­ten Akteursgruppen wei­sen dem Bereich der Ernährungsbildung unter­schied­lich viel Bedeutung zu: Während etwa drei Viertel der befrag­ten Praxis-Akteure dem Thema eine hohe bis sehr hohe Bedeutung zuschrei­ben, hal­ten über 40% der befrag­ten Personen in Entscheider-Positionen das Themenfeld für wenig relevant.

Als wich­ti­ge Stellschrauben zur Stärkung der Ernährungsbildung wer­den von allen Befragten vor­ran­gig die prak­ti­sche Gestaltung in der Betreuungssituation und ins­be­son­de­re der all­täg­li­che Einbezug der Kinder in die Zubereitung und Organisation der Mahlzeiten genannt.

Abbildung 1: Stellschrauben zur Stärkung der Ernährungsbildung aus Sicht der befrag­ten Personen aus der Träger-Ebene, Institutionen und in bera­ten­der Funktion 1/2 (Quelle: NQZ-Meinungsbildbefragung, Ausgewählte Ergebnisse, 2022)

Rahmengebende Bedingungen wie zeit­li­che, per­so­nel­le und finan­zi­el­le Ressourcen wer­den von den befrag­ten Akteursgruppen über­wie­gend als hem­men­de Einflussgrößen für die Stärkung der Ernährungsbildung beschrie­ben und beson­ders häu­fig von den Befragten aus der Träger-Ebene und in Entscheider-Positionen in den Blick genommen.

Abbildung 2: Stellschrauben zur Stärkung der Ernährungsbildung aus Sicht der befrag­ten Personen aus der Träger-Ebene, Institutionen und in bera­ten­der Funktion 2/2 (Quelle: NQZ-Meinungsbefragung, Abschlussbericht vom 9.9.2022)

 

2. Nutzen und Potenziale

Die Mehrheit aller befrag­ten Personen ver­or­tet die größ­ten Potenziale von Ernährungsbildung in der Förderung der kör­per­li­chen Gesundheit und sozia­len Kompetenzen der Kinder. Weitere rele­van­te Potenziale betref­fen moto­ri­sche, sprach­lich-kogni­ti­ve und emo­tio­na­le Kompetenzen sowie die see­li­sche Gesundheit; wei­ter­hin die Ausbildung von Wissen und Bewusstsein über gesund­heit­li­che und natur­be­zo­ge­ne Themen sowie die Vermittlung von Werten.

Abbildung 3: Weitere Potenziale (offe­ne Abfrage) der Ernährungsbildung aus Sicht der befrag­ten Personen aus der Träger-Ebene, Institutionen und in bera­ten­der Funktion (Quelle: NQZ-Meinungsbefragung, Abschlussbericht vom 9.9.2022)

3. Informationen

Bei Fragen zu Themen der Ernährungsbildung zie­hen die befrag­ten Praxis-Akteure aus der Kindertagesbetreuung häu­fig Informationen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) her­an, auch das Bundeszentrum für Ernährung und Fachberatungen (BZfE) wer­den oft­mals als Informationsquellen genannt. Vielfach wird auch auf eige­nes Material gesetzt: das befrag­te päd­ago­gi­sche Personal aus der Kindertagespflege nennt hier oft die eige­ne Internet- und Literaturrecherche sowie Ausbildungsunterlagen, wäh­rend die Befragten aus der Kita sich auch auf Materialien von Trägern und Initiativen stützen.

Abbildung 4: Präferenz bei Informationsquellen der Praxis-Akteure aus den Kindertagesstätten (Quelle: NQZ-Meinungsbefragung, Abschlussbericht vom 9.9.2022)

Nach den Formaten und Medien gefragt, die ihrer Einschätzung nach zur Förderung der Ernährungsbildung beson­ders geeig­net und wert­voll sind, ant­wor­ten die befrag­ten Personen aus der Träger-Ebene, Institutionen und in bera­ten­der Funktion viel­fäl­tig und umfang­reich: Verschiedene Medien wer­den eben­so emp­foh­len wie Maßnahmen zur prak­ti­schen Alltagsgestaltung in der Kindertagesbetreuung. Auch unter­schied­li­che Fortbildungsformate, Bild‑, Arbeits‑, Informations- und Spielmaterialien sowie die Rolle der Eltern wer­den genannt.

Abbildung 5: Geeignete Formate und Medien zur Förderung der Ernährungsbildung aus Sicht der Befragten aus der Träger-Ebene, Institutionen und in bera­ten­der Funktion, Ausschnitt (Quelle: NQZ-Meinungsbefragung, Abschlussbericht vom 9.9.2022)

4. Ernährung in der Kindertagespflege

In den Essenssituationen der Kinder sind den befrag­ten Akteuren aus der Kindertagespflege-Praxis beson­ders die gemein­sa­men Mahlzeiten mit gere­gel­ten Abläufen sowie der Einbezug der Kinder wich­tig. Grundsätzlich wird außer­dem eine gesun­de Ernährung betont. Auch das Schaffen eines Settings, das die bewuss­te Wahrnehmung von Ernährung und Lebensmitteln för­dert, erhält viel Gewicht. Hierbei spielt auch die Atmosphäre des Essenssettings eine wich­ti­ge Rolle.

Abbildung 6: Wichtige Faktoren in der Essenssituation in der Kindertagespflege aus Sicht der hier­zu befrag­ten Praxis-Akteure (Quelle: NQZ-Meinungsbefragung, Abschlussbericht vom 9.9.2022)

Die befrag­ten Akteure aus der Kindertagespflege sehen Verbesserungsmöglichkeiten hin­sicht­lich der Organisation und Gestaltung der Mahlzeiten ver­mehrt bei all­ge­mei­nen, über­ge­ord­ne­ten Handlungsanleitungen und ‑vor­ga­ben. Ansatzpunkte wer­den außer­dem häu­fig in der prak­ti­schen Organisation der Mahlzeiten vor Ort sowie hin­sicht­lich finan­zi­el­ler Aspekte gese­hen, und auch das Elternhaus bie­te noch Potenzial. Manchmal wer­den indi­vi­du­el­le Verbesserungsmöglichkeiten genannt. Und: Viele Befragte sehen kei­nen Verbesserungsbedarf.

Abbildung 6: Verbesserungsmöglichkeiten zur Organisation und Gestaltung von Mahlzeiten in der Kindertagespflege aus Sicht der hier­zu befrag­ten Praxis-Akteure (Quelle: NQZ-Meinungsbefragung, Abschlussbericht vom 9.9.2022)

Wir bei GESS haben uns gefreut, die­ses span­nen­de Projekt umzu­set­zen, und wün­schen dem NQZ wei­ter­hin viel Erfolg bei ihrer wich­ti­gen Arbeit!

Weitere Informationen zur Arbeit des NQZ fin­den Sie hier: https://www.nqz.de/